Bezirkstagsrede von Sabine Kaiser vom 12.12.2024
Sehr geehrte Frau Regierungsvizepräsidentin, sehr geehrter Herr Bezirkstagspräsident, sehr geehrte Damen und Herren vom Präsidium und der Verwaltung, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Anwesende und Gäste, im Raum und zugeschaltet,
vorab mein Dank an Sie alle für die konstruktive Zusammenarbeit mit mir in meinem ersten Jahr als Bezirksrätin, für die erstmals im Bezirkstag vertretene Partei dieBasis. Vielen Dank an Herrn Getzlaff und Frau Hirschhuber, für die hervorragende Erläuterung des Haushaltes, wie auch im Vorjahr.
Dank insbesondere auch an meine Kollegen von unserer Ausschussgemeinschaft von der ÖDP und der Bayernpartei – wir sind nicht immer einer Meinung, aber wir ergänzen uns bestens. Es ist eine Freude, in dieser Konstellation zusammenzuarbeiten.
Die aktuelle Haushaltslage auf Bezirksebene ist keine Freude. Und sie reflektiert den traurigen Zustand von Wirtschaft und Gesellschaft auf allen Ebenen, von der untersten kommunalen Ebene bis zu Land und Bund.
Es war bereits letztes Jahr absehbar: Ich hatte in meiner letztjährigen Haushaltsrede darauf hingewiesen, dass wir – und hier zitiere ich mich selbst – „gegeben die aktuelle Haushaltslage und die erwartbare negative wirtschaftliche Entwicklung“ „an dieser Stelle im nächsten Jahr vermutlich über neue Schulden auf Bezirksebene“ würden reden müssen.
Damals konstatierte ich, dass man „in Deutschland vielleicht noch nicht im „freien Fall“ aber definitiv im beschleunigten Niedergang“ sei wozu „die Ampel- und GroKo-Politik der letzten Jahre und Jahrzehnte maßgeblich beigetragen“ habe.
Dem ist wenig hinzuzufügen – außer, dass wir uns wirtschaftlich nunmehr im freien Fall nach unten befinden und dass ich in keiner Weise erkennen kann, wieso es nach Neuwahlen mit erwartbarem Schwarz-Grün irgendwie besser werden sollte.
Ich hatte letztes Jahr antizipiert, dass man in 2025 Schulden würde aufnehmen müssen. Das hatte außer mir damals niemand angesprochen – auch wenn der Elefant bereits deutlich im Raum stand.
Die Schuldenaufnahme in der aktuellen Lage wie bereits per Nachtragshaushalt implementiert und jetzt weiter vorgeschlagen, ist aus meiner Sicht der Situation angemessen. Der Elefant steht aber weiterhin im Raum. Und er wird dicker!
Denn so wird es nicht weitergehen können! Eine Besserung ist weder auf der Kosten- noch der Einnahmenseite in Sicht. Statt von Umlagekraft wird man in den nächsten Jahren wohl von Umlageschwäche sprechen müssen.
Wir alle wissen, dass die Handlungsmöglichkeiten auf Bezirksebene sehr gering sind. Mit dem Haushaltsentwurf hat man sich bemüht, die Schmerzen durch Erhöhung der Bezirksumlage nicht zu groß werden zu lassen, das ist nachvollziehbar.
Wenn man schon Schulden aufnimmt, darf man damit aber nicht nur Löcher stopfen. Und schon gar nicht Fässer ohne Boden füllen.
Sparen ist sinnvoll und zwingend, wo irgend möglich und verantwortbar. Solange aber noch irgendwelche Handlungsspielräume bestehen, muss man Geld auch so ausgeben, dass zukünftige finanzielle Belastungen für das System wieder geringer werden. Das ist dann ein „Investieren in die Menschen und in die Zukunft“, und es ist alternativlos!
Von den innovativen Pilotvorhaben, für die ich letztes Jahr plädiert hatte, will ich hier gar nicht mehr reden. Wahrscheinlich kann man das auf Bezirksebene aktuell nicht erwarten.
Ich würde aber sehr wohl erwarten, dass man präventive Maßnahmen, die etabliert sind, und von denen belegt ist, dass sie Leid mildern und Gesamtkosten sparen, nicht per Rasenmähermethode kappt. Vor allem dann nicht, wenn es nicht nötig ist.
Der von uns gestellte Antrag auf „Förderung präventiver Maßnahmen zur psychischen
Gesundheit in der freien Wohlfahrtspflege“ hätte für die €2,6 Mio., die aus den zusätzlichen Geldern des staatlichen Finanzausgleichs für die Bezirke nicht zur Stützung der Bezirksumlage verwendet werden, eine produktive Nutzung ermöglicht. Stattdessen werden sie „der allgemeinen Deckungsreserve zu geführt“.
Diese Erhöhung der Deckungsreserve kann aber so gar nicht benötigt werden! Denn würde sie es, dann hätte sie im ersten Haushaltsentwurf bereits entsprechend eingeplant werden müssen.
Und: als der Bezirksausschuss im Juli seinen „Eckdatenbeschluss“ fasste, standen diese Mittel noch nicht zur Verfügung.
Der Antrag wurde in den vorbereitenden Ausschüssen abgelehnt, nicht einstimmig, aber mit den Stimmen der Grünen. Deren Logik kann ich nicht nachvollziehen.
Ja – man hätte bei der Vergabe der €2,6 Mio. auswählen müssen. Nicht alles, was wünschenswert gewesen wäre, hätte bedacht werden können.
Ein pauschales Einfrieren der Gelder für die Unterstützung der niedrigschwelligen Angebote der freien Wohlfahrtspflege war da das einfachere. Gleicher Schmerz für alle! Keine lästigen Diskussionen. Wir vertagen uns auf den Januar, und dann werden wir gemeinsam aktivkreativ … .
Das finde ich nicht richtig! Ich verstehe auch nicht, warum man von Seiten der Wohlfahrtsverbände da nicht insistiert hat und sich stattdessen aufs neue Jahr hat vertrösten lassen. Mit €2,6 Mio. hätte man einiges an sinnvollen, bestehenden Maßnahmen absichern können.
Man hätte auch – zum Beispiel – die beantragte halbe Stelle zur Suizidprävention bei der
Arche e.V., die in der letzten Sitzung des Sozial- und Gesundheitsausschusses per „Rasenmäherbegründung“ abgelehnt wurde, bewilligen können. Ja, man hätte Kriterien definieren und wählen müssen. Die Qual der Wahl.
Vielleicht ist es nächstes Jahr so schlimm, dass noch nicht einmal mehr ein klitzekleiner Spielraum für freiwillige Leistungen besteht. Dann ist der Zug vollends gegen die Wand gefahren. Wir hätten jetzt handeln sollen, als Handeln noch möglich war.
Das nicht zu tun finde ich falsch und aus diesem Grunde – nur aus diesem Grunde – werde ich für dieBasis den Haushaltsentwurf in der vorgelegten Form ablehnen. Aus sachlichen Gründen.
Wie Andreas Huber schon sagte – sollte dieses Gremium unserem Antrag noch zustimmen (und die Möglichkeit dazu sollte gegeben sein), dann würde auch ich auch dem Haushalt zustimmen.
Ich hoffe, dass wir im nächsten Jahr Mut zum differenzierten Vorgehen finden. Es nicht zu tun ist keine Option. Wir werden alle verfügbaren Hebel versuchen müssen zu betätigen. Vieles wird schmerzhaft sein. Ein gesellschaftlicher „Ruck“ wäre überfällig. Fangen wir damit an.
Ich wünsche uns allen erholsame Tage und ein Kraftschöpfen im familiären oder Freundeskreis. Wir werden sie im neuen Jahr benötigen.
Auf eine gute weitere Zusammenarbeit. Ich danke Ihnen.
München, den 12.12.2024, Sabine Kaiser